• Astronomische Ereignisse

Perfekte Sonnenfinsternis verzückte die Himmelsgucker

Das Astronomische Ereignis des Jahres ist vorüber. Bis auf das Berner Seeland und entlang des Jurasüdfuss’, wo sich der Nebel etwas zäher hielt, konnte man die partielle Sonnenfinsternis am Mittag des 25. Oktobers 2022 in der ganzen Schweiz an einem zumeist wolkenlosen und in den Bergen stahlblauen Himmel verfolgen.

Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION

Ein besseres Timing hätte Petrus nicht haben können. Am Vortag noch Starkregen, am Tag der Sonnenfinsternis stahlblauer Himmel über der gesamten Schweiz. Einzig im westlichen Mittelland (Berner Seeland und Jurasüdfuss) hielten sich hartnäckige Nebelbänke. Viele Sternwarten hatten geöffnet, und das Ereignis um die Mittagszeit, welches auch in vielen Radiosendern angekündigt wurde, stiess auf reges Interesse in der Bevölkerung. Gegen 11:15 Uhr MESZ ging das Spektakel in der Schweiz und auch bei mir im Bregenzerwald los. Es ist immer wieder ein faszinierender Moment, wenn sich der Mond sekundengenau vor die Sonne schiebt. Man kann die Sekunden zählen, und da, tatsächlich, entdeckt man die feine Delle am oberen Rand! Der maximale Bedeckungsgrad der Sonnenfläche betrug 20.3 %, und bei dem extrem klaren Wetter realisierte ich, der schon unzählige Sonnenfinsternisse erlebt hat, um 12:13 Uhr MESZ, tatsächlich, dass die Sonne nicht ganz voll schien. Immerhin stand ein Fünftel hinter dem Mond, sprich, statt 100 % Sonnenschein, gab es nur noch 80 %, und das eben ohne eine einzige Wolke weit und breit. Laien hätten diese minimale Lichtreduktion verständlicherweise wohl kaum wahrgenommen. Erst ab einem Bedeckungsgrad von 50 % und mehr beginnt sich das Licht in der Landschaft wirklich spürbar zu verändern.

Serienaufnahme der Finsternis, aufgenommen in Schwarzberg, Bregenzerwald, wo 20.3 % der Sonnenfläche hinter dem Mond verschwanden. Technische Daten: Canon EOS 6D Mark II / Objektiv Canon EF 100-400 mm f/4.5-5.6L IS USM + 1 (Bilder: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Sternwarten waren gut besucht

Auch in der Sternwarte Luzern (Hubelmatt) war das mittägliche Ereignis ein voller Erfolg, wie Marc Eichenberger mitteilt, zumal es an einem gewöhnlichen Dienstag und normalen Arbeitstag stattfand. Nicht weniger als 80 bis 100 Schaulustige liessen es sich nicht nehmen, unter fachkundiger Anleitung in die Sonne zu schauen. Das Medieninteresse war gross. Eichenberger konnte sowohl bei zentralplus (https://www.zentralplus.ch/mit-video/sternwarte-zeigt-spezielle-bilder-der-sonnenfinsternis-2476945/), wie auch bei Tele1 (https://www.tele1.ch/nachrichten/so-sah-man-die-partielle-sonnenfinsternis-148504347) und SRF Interviews geben. In «Schweiz aktuell» wurde am Abend des 25. Oktobers 2022 ein vierminütiger Beitrag ausgestrahlt! https://www.srf.ch/play/tv/sendung/schweiz-aktuell?id=cb28dd84-f0c8-4024-8f20-1a29f5a4ceb7 (ab Minute 16:30)

In der Sternwarte Eschenberg in Winterthur fand sich auch eine überschaubare Anzahl Sonnenfinsternis-Fans ein. Wie Markus Griesser, Leiter des Observatoriums, in einer Medienmitteilung schreibt, sei der Anblick durch das Hauptteleskop besonders eindrücklich gewesen, da durch das dort aufgesetzte Wasserstoff-Filter gleich mehrere spektakuläre Protuberanzen am unteren Sonnenrund sichtbar wurden. Diese gewaltigen Gasauswürfe aus der Sonnenoberfläche stossen auch elektrisch geladene Teilchen aus, die nach einer rund achtstündigen Reise beim Eindringen in die Lufthülle der Erde und im Wechselspiel mit Molekülen in unserer Atmosphäre die so wunderbaren und vielfarbigen Polarlichter auslösen. Besonders schön sind diese jeweils im hohen Norden zu bewundern.

Die Sonnenscheibe zeigt sich hier im roten Wasserstofflicht im oberen Teil deutlich vom Mond angeknabbert, während am unteren Sonnenrand gleich mehrere Gasauswürfe, sogenannte Protuberanzen, zu erkennen sind. (Bild: Sternwarte Eschenberg)

Mit den richtigen Schutzfiltern vor den Objektiven eignet sich sogar ein Fernglas gut für das Mitverfolgen einer Sonnenfinsternis. (Bild: Sternwarte Eschenberg)

Wer die Finsternis noch einmal in voller Länge erleben will, kann den Livestream der Sternwarte Bülach ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=YGt3Qs7MSNo. Auch im Zürcher Unterland herrschten hervorragende Bedingungen, auch wenn zeitweilig harmlose Wolken vorbeizogen.

Eine sehr eindrückliche Aufnahme zur maximalen Phase sandte Thomas Radvanszky aus Kloten der ORION-Redaktion! Deutlich sind die Mondunebenheiten zu sehen, ebenso die Sonnenfleckengruppen. Technische Details: Partielle Sonnenfinsternis mit der Abdeckung, bis zu 20.1 % (Aufnahmeort: Uferpromenade in Friedrichshafen). Aufnahme mit Sonnenfilter, Sony Alpha 65, zweifach Konverter, Teleobjektiv: Tamron 600 mm (Bild: Thomas Radvanszky)

Wenige Augenblicke vor dem Ende der Finsternis gelang Markus Burch diese Aufnahme vor der Sternwarte Hubelmatt in Luzern. Der Sonnenfleck 3131 wurde kurz zuvor vom Mond bedeckt. Technische Daten: Vixen ED-103, Nikon D-500, 1/1250 bis 1/1600 s. ISO 100. Astrosolar Folie Dichte 5 (Aufnahme: Markus Burch)

Nächste Sonnenfinsternis bei uns in drei Jahren

Eine nächste Gelegenheit auf eine Sonnenfinsternis in der Schweiz gibt es abermals um die Mittagszeit herum, und zwar am 29. März 2025. Auch diese Finsternis wird global partiell verlaufen und hierzulande zwischen 10 % Bedeckungsgrad (in Brusio, GR) und 15 % (Porrentruy, JU) erreichen – etwas weniger als 2022. Schon jetzt sollte man sich den 12. August 2026 vormerken. An diesem Sommerabend mitten in den Sommerferien wird es über Island, Spanien und den Balearen zu einer totalen Sonnenfinsternis kommen, die in der Schweiz zwischen 90 % (Bodensee) und 93 % (Region Genf) erreichen wird. Im Unterschied zur heutigen Finsternis, wird man diese dann in der Natur kurz vor Sonnenuntergang markant wahrnehmen!

Davor gibt es aber nächstes Jahr am 28. Oktober 2023, einem Samstagabend, eine partielle Mondfinsternis. An diesem Tag wird voraussichtlich auch der Astronomietag 2023 stattfinden! Ein Jahr später kommt es am 18. September 2024 gleich nochmals zu einer kleinen Teil-Mondfinsternis.

Die Medien und Astronomie – Spezialistinnen und Spezialisten gäbe es in der Schweiz und innerhalb der SAG-SAS genug

Im Vorfeld der partiellen Sonnenfinsternis sorgte ein Kurzbericht von Keystone-SDA (siehe unten) für Unverständnis und Kopfschütteln. Kurzerhand hat die Schweizerische Astronomische Gesellschaft SAG-SAS die Medien-Agentur kontaktiert, auf den fehlerhaften Artikel hingewiesen und mit fachlich korrekten Informationen beliefert. Es ist schon erstaunlich, wie man in der heutigen Zeit einen solchen Text verfassen kann, wo doch korrekte Daten und Fakten (NASA / ESA) jederzeit verfügbar und zu finden wären! In der Schweiz gäbe es genügend Fachexpertinnen und Fachexperten für alle möglichen Astronomiefragen, auch innerhalb der SAG-SAS (https://sag-sas.ch/), und viele Informationen bieten wir auch unlängst auf dem ORIONportal (https://orionportal.ch/astro-info/) oder im astronomischen Grafik-Archiv von Astro Pool (https://www.astro-pool.com/). Wenn ein Journalist oder eine Journalistin sauber recherchiert hätte, wäre ein solch peinlicher Beitrag niemals entstanden und an diverse Schweizer Medien verschickt worden, die ihn dann «telle quelle» mitsamt Fehlern übernommen haben. Diese «Panne» zeigt aber, wie oberflächlich und unkritisch heute z. T. Journalismus betrieben wird. Löbliche Beispiele – siehe «Schweiz Aktuell»-Sendung vom 25. Oktober 2022 (https://www.srf.ch/play/tv/sendung/schweiz-aktuell?id=cb28dd84-f0c8-4024-8f20-1a29f5a4ceb7 ab Minute 16:30) gibt es immer! Aber leider ist die gute Qualität da und dort in weite Ferne gerückt. Hauptsache «man» ist schneller als die Konkurrenz und generiert dadurch möglichst viele Klicks.
Wir Astronominnen und Astronomen – und damit meine ich auch SAG-SAS – spielen da in Zukunft eine wichtige Rolle, indem sich Medienschaffende in Astronomiefragen an uns wenden und wir sie dann, je nach Thematik, an die «richtigen» Personen weiterleiten und ihnen die verlässlichen Quellen liefern können, oder noch besser, gleich vorgefertigte Texte bereitstellen. Dazu müsste die SAG-SAS, aber auch das ORIONportal in vielen renommierten Medienhäusern bekannt, und wenn, noch viel bekannter sein. In den Regionen bestehen solche Netzwerke zu Sternwarten bereits; aber grundsätzlich ist es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, ein astronomisches Ereignis, wie die hier behandelte Sonnenfinsternis, im Vorfeld anzukündigen. In gewissen «grossen Zeitungen» gab es im Print keinen einzigen Hinweis auf das Astronomie-Highlight vom 25. Oktober. Würde es künftig wieder eher möglich sein, einen Vorbericht auf ein interessantes Ereignis zu platzieren, hätten wohl noch sehr viel mehr Leute, selbst unter der Woche in ihrer Mittagspause, eine der zahlreichen Sternwarten aufgesucht und ein spannendes Erlebnis geboten bekommen.

Von Keystone-SDA erschienener Beitrag in diversen Zeitungen und auf Online-Portalen, hier in Nau.ch. Man achte besonders auch die Box «Das Wichtigste in Kürze». Hier endet die Sonnenfinsternis, bevor sie in der Schweiz überhaupt erst begonnen hat! (Screenshot: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Update folgt…