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In der Nacht auf Montag kamen sie – Polarlichter wären auch in der Schweiz zu sehen gewesen!

Für die vergangenen Nächte hätte es für alle Polarlicht-Fans spannend werden können. Die Sonne, respektive das Aktivitätsgebiet AR 3842 produzierte in den letzten Tagen diverse Ausbrüche. Schon am Freitag trafen die ersten Plasmafronten ein. Doch in der Nacht auf Sonntag wartete man vergeblich auf das Eintreffen der Hauptwolke des X9.1-Flares. Mit etwas Verspätung kam es nun am frühen Morgen zu Polarlichtern, die man bis in den Alpenraum gesehen hätte, wenn es klar gewesen wäre. Einige Webcams im Raum Feldkirch zeichneten sie durch die Wolken auf.

Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION

Auf der Sonne gab es am 1. Oktober 2024 erneut einen gewaltigen Ausbruch der Kategorie X 7.1 (R3 «strong»). Der Flare hat auch einen koronalen Massenauswurf (CME) in Richtung Erde losgeschickt, der nach ersten Berechnungen zwischen dem 4. und 5. Oktober 2024 eintreffen dürfte. Ersten Prognosen nach dürfte uns demnach in der Nacht von Freitag auf Samstag abermals ein Polarlicht-Schauspiel bevorstehen, denn man erwartet einen geomagnetischen Sturm der Stärke G3 / G4. Da es bereits am 1. Oktober 2024 zu einem M7-Ausbruch, ebenfalls mit einem CME gab, dürfte es zu Überlagerungen der Plasmawellen kommen. Dies würde zu einer Verstärkung eines geomagnetischen Sturms beitragen.

Wir sehen hier den X 7.1-Flare, der den koronalen, erdgerichteten Massenauswurf verursachte. (Quelle: https://www.jhelioviewer.org/)

Am 3. Oktober 2024 folgte gleich ein weiterer heftiger Sonnenausbruch, diesmal ein X9.1-Flare, was äusserst selten vorkommt! Polarlichter in den nächsten Tagen sind inzwischen mehr als nur eine Wunschvorstellung, und alle, die das Spektakel im Mai verpasst haben; jetzt gibt es wohl eine zweite Chance!

Die Plasmawolken des X9.0-Flares sind wie schon die am 4. Oktober eintreffenden ersten Fronten erdgerichtet. Die ersten Wolken hatten die Erde am Freitagabend erreicht. Der neuste Ausbruch ist in den Vorausberechnungen von NOAA (Spaceweather, Stand: 3 Oktober 2024, 17:30 Uhr MESZ) noch nicht mit einberechnet; es handelte sich aber um einen «Full-Halo»-Ausbruch. Darunter versteht man einen sichtbaren CME auf den Aufnahmen von LASCO C2/C3 des ACE-Satelliten, der die komplette Sonnenscheibe überdeckt.

Hier sehen wir die Plasmafront am 5. Oktober 2024 gegen 22:00 UT (00:00 Uhr MESZ), wie sie von NOAA vorhergesagt wird. (Quelle: Spacewather NOAA)

Das Eintreffen der Plasmawolken des X9.1-Flares wurde am 5. Oktober 2024 zwischen 23:00 Uhr und 02:00 Uhr MESZ erwartet, an sich ein glücklicher Umstand, weil genau in der Nacht von Samstag auf Sonntag das Wetter etwas besser war. Erwartet wurde ein G3-Sturm. Doch das Polarlichtoval verhielt ruhig und zeigte keine nennenswerten Auffälligkeiten. Nur in Skandinaviens konnte man Nordlichter sehen. Im vergangenen Mai wurde auch eine solche Stärke vorhergesagt und schliesslich auf G5 hochgestuft. Die Vorzeichen erinnerten auch diesmal jenen des Mai-Ereignisses, zeigen aber auch, wie verschieden die Ereignisse letztlich ausfallen können.

Die Plasmadichte und -geschwindigkeit war aufgrund der am Samstag vorliegenden Daten etwas geringer, als man gestern noch glaubte. Doch es galt dennoch vorsichtig optimistisch zu bleiben. Polarlichter können innerhalb weniger Minuten entstehen. Bei Polarlichtvorhersagen ist eine «Nowcast-Vorhersage» erst kurz vor dem erwarteten Eintreffen des Ereignisses möglich.

Polarlicht-Spektakel dennoch sehr wahrscheinlich

Die Polarlichter in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2024 waren ausserordentlich spektakulär und konnten über mehrere Stunden hinweg gesehen werden! In dieser Aufnahme aus dem Bregenzerwald sieht man sogar die in unseren Breitengraden selteneren grünen Polarlichter; ein klares Indiz dafür, dass es einer heftigsten Sonnenstürme der letzten Jahrzehnte war, den wir miterleben durften. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Schon ab einem G3-, sicher aber ab einem G4-Sonnensturm, sind Polarlichter bis in den Alpenraum wahrscheinlich, bei einem allfälligen G5-Sturm noch viel weiter südlich.

Warum Polarlichter oft schwierig vorherzusagen sind

Exakte Polarlichtvorhersagen gibt es nicht. Hier müssen wir uns auf «Nowcast-Prognosen» stützen. Wenn die ersten Satelliten eine Geschwindigkeitszunahme des Sonnenwinds und eine Zunahme der Plasmadichte registrieren, dauert es in der Regel eine halbe Stunde, bis die Wolke auf der Erde eintrifft. Das Problem ist: Wir können zwar beobachten, dass es auf der Sonne einen Ausbruch gab. Auch die Stärke der Eruption und die Frage, ob sie einen CME ausgelöst hat, lässt sich aufgrund von Daten und Bildern relativ rasch beantworten. Doch wie sich die Plasmawolke auf dem Weg zur Erde verhält, wie sich innerhalb der Wolken Dichteschwankungen verändern, ist momentan noch kaum verlässlich prognostizierbar, und wenn, dann recht zeitnah, wie uns dieses Wochenende wieder gezeigt hat.

Zwischen 01:00 Uhr und 02:00 Uhr MESZ am Montag, 7. Oktober 2024 kamen sie dann – zumeist unbemerkt doch noch. (Webcam Vorderälpele, Vorarlberg)

Der Russell-McPherron-Effekt begünstigt Polarlichter um die Herbsttagundnachtgleiche

Weil um das Frühlings- und Herbst-Äquinoktium herum das Magnetfeld der Erde wesentlich günstiger ausgerichtet ist, als zu Zeiten der Sommer- und Wintersonnenwende, ist dies ein weiterer Pluspunkt, von dem wir beim bevorstehenden Ereignis profitieren können. Dem Phänomen kamen die beiden Geophysiker Christopher Russell und Robert McPherron auf die Spur. Sie stellten fest, dass um die beiden Tagundnachtgleichen herum Polarlichter besonders intensiv auftreten können. So lange liegt der astronomische Herbstanfang nicht zurück.

Zum Thema Weltraumwetter berichteten wir in ORION 3/24.

Update folgt…