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Der Sternenhimmel im März 2024

Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION

Thema des Monats: Merkur – Ein Planet mit ein paar Kuriositäten

In knapp 88 Tagen umrundet Merkur die Sonne, schneller als jeder andere Planet. Dabei wechselt er rund alle anderthalb Monate vom Abendhimmel an den Morgenhimmel und wieder zurück. Im März können wir ihn besonders gut beobachten, ein Grund sich einmal mit dem kleinsten Planeten etwas näher zu beschäftigen.

Wenn wir nur einmal einen Blick auf die Zahlen werfen, so dürfen wir von einem Planeten der Extreme sprechen. Mit einem Äquatordurchmesser von 4’881 km ist er nur 1’400 km grösser als unser Mond und trotz seiner Nähe zur Sonne sinken die Temperaturen infolge der Abstrahlung auf der Merkur-Nachtseite von +430 °C (tags) auf –170 °C. Kein anderer Planet unseres Sonnensystems weist einen Tag-Nacht-Temperaturunterschied von 600 °C auf! Venus ist zwar noch heisser an ihrer Oberfläche, doch wegen ihrer mächtigen CO2-Atmosphäre wird es dort auch nachts kaum «kälter» als 437 °C. Merkur dagegen besitzt keine Atmosphäre im herkömmlichen Sinne. Sie ist sogar noch dünner als ein Vakuum, das wir in einem Labor erzeugen können und vergleichbar mit der «Atmosphäre» unseres Mondes. Auch dieser ist nicht gänzlich atmosphärenlos. Es wird angenommen, dass der geringe Wasserstoff- (22 %) und Heliumanteil (6 %) in der «Merkur-Atmosphäre» zu einem wesentlichen Teil auf den Sonnenwind zurückzuführen ist, während schwerere Moleküle wie Sauerstoff (42 %), Natrium (29 %) und die Spuren von Kalium (0.5 %) durch die Oberfläche freigesetzt werden.

Der atmosphärische Druck beträgt gerade mal 10–15 Bar, so wenig, dass die gesamte «Merkur-Atmosphäre» nicht mehr wöge als 1 Tonne! Die hohe Tagtemperatur und die geringe Schwerkraft – sie beträgt bloss einen Drittel der Erdanziehungskraft – sind dafür verantwortlich, dass Gasmoleküle rasch ins All entschwinden; Merkur «verliert» also seine Atmosphäre beständig.

Ein etwas eigenartiger Sonnenauf- und -untergang

Um ein weiteres Kuriosum auf Merkur zu beobachten, stellen wir uns vor, wir sässen auf dem Rand des Kraters Al-Hamadhani auf knapp 39° nördlicher Breite und fast 90° westlicher Länge. Am 31. August 2024 erleben wir den Sonnenaufgang, besser wir meinen es, denn die Sonne will bis zum 6. September gar nicht richtig hinter dem Osthorizont auftauchen, im Gegenteil. Bis zum 14. scheint sie wieder untergehen zu wollen. Erst ab dem 15. September steigt sie höher und löst sich endlich von der Horizontlinie. Mittag (wenn die Sonne genau im Süden steht) haben wir am 23. Oktober, der Sonnenuntergang beginnt kurz nach dem 25. November. Wieder scheint es so, als versinke das Tagesgestirn hinter dem Westhorizont. Doch dann geschieht abermals Sonderbares. Am 2. Dezember ist die Sonne fast verschwunden, doch dann steigt sie bis zum 10. nochmals an, um darauf wirklich unterzugehen (siehe Infografik unten).

Schuld an diesem Phänomen ist der äusserst lange Merkurtag von 58 d 15 h 36 min in Kombination mit den stark unterschiedlichen Bahngeschwindigkeiten. Weil Merkur auf einer stark elliptischen Bahn die Sonne umrundet, ist der Planet in Sonnennähe, dem Perihel, mit 58.98 km/s unterwegs, in Sonnenferne (Aphel) nur 38.86 km/s. Egal, wo man sich auf dem steinigen Planeten aufhalten würde, kann man beobachten, dass die Sonne während ihres «Tageslaufs» von Osten nach Westen plötzlich langsamer wird, für ein paar Tage «rückwärts wandert», ehe sie wieder den Vorwärtsgang einschaltet. Findet dieses Ereignis, wie oben beschrieben, in Horizontnähe statt, können wir diese «Doppelsonnenauf- und -untergänge» erleben.

In dieser Grafik wird die Ursache für die doppelten Sonnenauf- und -untergänge dargestellt. (Infografik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Keine Jahreszeiten und dennoch extreme Temperaturschwankungen

Weil die Rotationsachse von Merkur fast senkrecht zu seiner Umlaufbahn steht, gibt es auf dem Planeten keine Jahreszeiten. Diese sind auf der Erde nur damit erklärt, dass die Erdachse um 23½° geneigt ist. Dies führt dazu, dass bei uns die Sonne zwischen dem nördlichen (21. Juni) und dem südlichen Wendekreis (21. Dezember) hin und her pendelt. Steht aber ein Planet senkrecht auf seiner Bahn, so sind überall auf dem Planeten Tag und Nacht gleich lang.

Dennoch erfährt Merkur eine extrem unterschiedliche Bestrahlung. Wir können auch sagen: Die Jahreszeiten auf Merkur sind nicht der Achsenneigung, sondern der recht markanten Entfernungsunterschiede zur Sonne geschuldet. In Sonnennähe erreicht etwa die 2.3-fache Energiemenge die Planetenoberfläche, wie in Sonnenferne.

Kleiner als Jupitermond Ganymed und trotzdem ein Planet?

Mit seinen 4’878 km Durchmessern ist Merkur sogar kleiner als der Jupitermond Ganymed (5’262.4 km). Für Laien ist dies manchmal etwas verwirrend. Wie kann ein so kleiner Himmelskörper ein Planet sein, wenn es Monde gibt, die sogar grösser sind? Was ein Planet, was ein Mond ist, ist eine Definitionsfrage. Ein Planet ist ein Himmelskörper, der die Sonne umkreist, ein Mond dagegen umrundet einen Planeten. Die Grösse des Körpers spielt daher (fast) keine Rolle. Einzig beim Pluto–Charon-System könnte man von einer Art «Doppel-Planetensystem» sprechen.

Vergleichen wir die Dichte der terrestrischen (erdähnlichen) Planeten und setzen diese ins Verhältnis zu den Planetendurchmessern, so tanzt Merkur ganz schön aus der Reihe. Mit 5.427 g/cm³ hat er fast dieselbe Dichte wie die wesentlich grössere Erde; er liegt für seine Grösse weit über dem Durchmesser-Dichte-Verhältnis der anderen Planeten. Dies lässt vermuten, dass Merkur eine schwere chemische Zusammensetzung haben muss. Die Planetenforscher gehen von einem sehr grossen Eisen-Nickel-Kern aus, der etwa zu 65 % Eisenanteil haben muss und rund 70 % der gesamten Planetenmasse ausmacht! Jüngste Beobachtungen gehen von einem Kerndurchmesser von 4’100 km aus. Damit wäre der Kern im Durchmesser grösser als der Erdmond und würde 84 % des Planetendurchmessers ausmachen.

Innerer Aufbau von Merkur. Sein teils fester, teils flüssiger Kern ist grösser als der Erdmond. (Quelle: Wikipedia)

Warum der kleine Merkur einen derart grossen und schweren Kern hat, beschäftigt auch die Wissenschaftler. Bislang gibt es zwei plausible Haupttheorien: Eine besagt, dass der Planet in der Frühphase des Sonnensystems von einem grossen Asteroiden getroffen worden sein könnte, der ihm gewissermassen die Kruste entrissen hatte. Eine zweite These geht davon aus, dass Merkur relativ früh entstanden sein und die doppelte Grösse gehabt haben könnte. Im Einfluss der entstehenden Sonne wäre er eine glühende Kugel gewesen mit Temperaturen von ein paar Tausend Grad. Bei so extremen Werten wäre ein Teil der Materie verdampft; es hätte sich eine Atmosphäre gebildet, welche jedoch durch den Sonnenwind fortgerissen worden wäre. Zurückgeblieben wäre vor allem eine «Eisen-Nickel-Kugel», die sich von aussen schliesslich abkühlte und eine feste Kruste bildete.

Beste Abendsichtbarkeit des Jahres

Wenn Merkur im Frühling am Abendhimmel auftaucht, dann bedeutet dies die beste Abendsichtbarkeit des Jahres. Im März 2024 wird der sonnennächste Planet spätestens ab dem 10. gegen 19:00 Uhr MEZ tief über dem Westhorizont sichtbar. Er ist –1.2mag hell und sollte daher nach Sonnenuntergang sicher mittels Feldstecher zu entdecken sein.

Der steile Anstieg von Merkur ab dem 10. März 2024 über dem westlichen Horizont. (Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Am 11. kann die extrem schmale zunehmende Mondsichel als praktische Suchhilfe dienen; sie steht an diesem Abend etwas schräg links über dem Planeten.

Abend für Abend können wir Merkur immer etwas höher sehen; er verlässt rasch die hellsten Dämmerungsbereiche und wird damit auch einfacher erkennbar. Wer ihn durch ein Fernrohr über den Monat verfolgt, kann sehen, wie das anfänglich zu Dreiviertel beschienene Planetenscheibchen bis zum 25. auf die Hälfte abnimmt. Da Merkur wie Venus die Sonne auf einer engeren Bahn als die Erde umrundet, zeigen uns diese beiden Planeten einen Lichtphasenwechsel, den wir vom Mond her kennen.

Ab Mitte Monat sollten auch weniger geübte Beobachter Merkur mühelos erkennen können. (Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Angaben zur Umlaufbahn
Grosse Halbachse57.909 Mio. km (0.3871 AE)
Perihel – Aphel0.3075 – 0.4667 AE
Exzentrizität0.2056
Neigung der Bahnebene7.0049°
Siderische Umlaufzeit87.969 Tage
Synodische Umlaufzeit115.88 Tage
Mittlere Bahngeschwindigkeit47.36 km/s
Kleinster – grösster Erdabstand0.517 – 1.483 AE
Erforschung durch RaumsondenMariner 10 (1974), Messenger (2011), BepiColombo (2025)
Physikalische Eigenschaften
Äquatordurchmesser4’879.4 km
Poldurchmesser4’879.4 km
Masse≈ 0.055 Erdmassen, 3.301 · 1023 kg
Mittlere Dichte5.427 g / cm3
Fallbeschleunigung [g]3.70 m / s2
Fluchtgeschwindigkeit4.3 km / s
Rotationsperiode58 d 15 h 36 min
Neigung der Rotationsachse0.034°
Geometrische Albedo0.142
Max. scheinbare Helligkeit–2.43mag
Druck< 5 · 10–15 bar
Tiefste Temperatur100 K (–173 °C)
Mittlere Temperatur440 K (+167 °C)
Höchste Temperatur700 K (+427 °C)
Steckbrief Merkur

Astronomische Ereignisse im März 2024

Die schönsten Monatsereignisse im Überblick

SonneDie Sonne wechselt im Laufe des März vom Wassermann in die Fische und kreuzt dabei am 20. um 04:06 Uhr MEZ den Himmelsäquator nordwärts; wir haben den Astronomischen Frühlingsanfang und Tagundnachtgleiche. Ab jetzt sind die Nächte auf der nördlichen Erdhalbkugel wieder länger als die Nächte. Über den gesamten Monat betrachtet, sieht die Situation wie folgt aus: Die Sonnenaufgänge verfrühen sich weiter um eine Stunde von 07:06 Uhr MEZ (am 1. März) auf 07:06 Uhr MESZ (Sommerzeit) am Monatsletzten. Bei den Sonnenuntergängen ist die Verspätung mit 44 Minuten von 18:11 Uhr MEZ (am 1. März) auf 19:55 Uhr MESZ am 31. gleich wie im Februar. Auch an der Mittagshöhe (Kulminationshöhe) der Sonne können wir unschwer feststellen, dass wir im Frühling angekommen sind. Am 1. steht die Sonne 35.2° hoch im Süden, am 15. März dann 41.2° und steigt bis zum 31. weiter auf 46.9° an.
MondDer Mond startet als abnehmender Dreiviertelmond in den ersten Frühlingsmonat. Bis zum 3. März nimmt der Mond auf die Hälfte ab (Letztes Viertel) und nach einer weiteren Woche verzeichnen wir am 10. Neumond. Für den Rest des Monats können wir den Trabanten dann weitestgehend am Abendhimmel sehen. Am 17. erscheint er wieder halb beschienen (Erstes Viertel) und zieht an diesem Abend nahe am Stern Al Nath vorbei. Vollmond haben wir dann am 25. Die Halbschatten-Mondfinsternis ist bei uns in Europa leider nicht zu sehen; ihre auffälligste Phase findet erst nach Monduntergang statt.
MerkurDer sonnennächste Planet trumpft im März gross auf. Nachdem er am 28. Februar in oberer Konjunktion mit der Sonne stand, vergrössert er rasch seinen östlichen Abstand vom Tagesgestirn und wird dank der im Frühling steil zum Westhorizont verlaufenden Ekliptik (scheinbare Sonnenbahn) schon ab Ende der zweiten Märzwoche tief am Westhorizont sichtbar. In den folgenden Tagen sticht Merkur steil in den Abendhimmel und befreit sich immer besser aus den hellsten Bereichen der Abenddämmerung. Schon bald kann man den flinken Planeten auch mit freiem Auge erkennen, denn zu Beginn seiner besten Abendsichtbarkeit in diesem Jahr ist er –1.2mag hell! Wir können den Planeten den ganzen Monat hindurch so gut wie selten beobachten.
VenusVenus ist noch am Morgenhimmel präsent, doch mittlerweile müssen wir sie sehr tief am Osthorizont suchen. Ihr Rückzug als «Morgenstern» kündigt sich an. Ihr westlicher Abstand vom Tagesgestirn verringert sich im Laufe des Monats von 24° auf 17°.
MarsDer Rote Planet ist jetzt +1.2mag hell, doch sein westlicher Abstand von der Sonne (27° bis 34°) reicht noch nicht wirklich aus, dass man ihn während der Morgendämmerung wirklich gut sehen kann; er bleibt nach wie vor ein schwieriges Beobachtungsobjekt.
JupiterJupiter ist südlich des Sternbilds Widder rechtläufig unterwegs. Noch ist er in den ersten Abendstunden zu beobachten, doch seine besten Zeiten sind bald vorüber; er zieht sich allmählich vom Abendhimmel zurück. Zusammen mit Merkur können wir ihn zwischen Monatsmitte und dem 25. über dem Westsüdwesthorizont sehen.
SaturnDer Ringplanet stand am 28. Februar in Konjunktion mit der Sonne. Somit wird er vorübergehend komplett überstrahlt und kann erst gegen Ende März wieder zögerlich in der Morgendämmerung erkannt werden.
UranusTeleskopisch können wir Uranus wie Jupiter noch in den Abendstunden beobachten. Auch er bewegt sich jetzt rechtläufig durch den Widder. Durch ein Fernrohr zeigt sich uns der siebte Planet als 3.5″ kleines, leicht grünliches Scheibchen.
NeptunNeptun bleibt den gesamten Monat über unbeobachtbar.
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