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Der Sternenhimmel im Oktober 2025

Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION

Thema des Monats: Eine Kometen-Armada und ein «mysteriöses» interstellares Objekt

Schon längere Zeit verfolgen die Astronomen das interstellare Objekt 3I/ATLAS, der sich als Komet entpuppt und für so manche abenteuerliche Geschichte, vor allem auf diversen Social-Media-Kanälen sorgt. Der bevorstehende Oktober könnte aber durchaus ein spannender Kometen-Monat werden, denn C/2025 R2 SWAN zeigt sich jetzt schon mit einem 5° langen Schweif.

Unter anderem befeuert durch den israelisch-amerikanischen theoretischen Astrophysiker Avi Loeb, der als Professor an der Harvard University lehrt und sich bekanntermassen auf die Suche nach ausserirdischem Leben konzentriert, geisterten in den vergangenen Monaten vermehrt schon fast abenteuerliche Erzählungen über das erst dritte entdeckte interstellare Objekt 3I/ATLAS herum. Sofort wurden Bilder der «fliegenden Zigarre» 1I/ʻOumuamua hervorgekramt, da man eine solch längliche Form noch nie davor gesehen hatte. Schon damals äusserte Loeb die gewagte Vermutung, der interstellare Brocken könnte «künstlichen Ursprungs» sein, eine in wissenschaftlichen Kreisen äusserst umstrittene Hypothese. Kein Wunder, verbreiten sich solche Aussagen in der heutigen Zeit rasend schnell auf diversen Kanälen. Jeder, der sich als «Wissenschaftler» versteht, glaubt, er oder sie müsse auch noch einen Beitrag dazu posten, denn schliesslich lässt sich etwas «Ausserirdisches» besonders gut verkaufen und generiert viele Clickbaits.

«Normales» interessiert kaum jemanden
Dass schon diverse interstellaren Objekte jenseits des Kuipergürtels unser inneres Sonnensystem durchquert haben, ist anzunehmen, auch wenn mit 1IʻOumuamua und 2I/Borisov davor erst zwei solcher Brocken entdeckt wurden. Vor 30 und mehr Jahren hatte man die technischen Möglichkeiten noch nicht. Erst in den vergangenen Jahrzehnten wurden automatische Asteroiden-Suchsysteme wie Near-Earth Objects (NEOs), NEOWISE, Pan-STARRS oder «Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System» (ATLAS) entwickelt; davor war man auf visuelle Beobachtungen durch professionelle Astronomen oder Amateurastronomen angewiesen. Zufällige Entdeckungen waren eine kleinere Sensation. Heute tragen Kometen meist «nur» noch die Namen solcher Suchsysteme. Inzwischen gibt es Dutzende von «NEOWISE», «ATLAS» oder «Pan-STARRS» und nur noch selten einen Kometen, der den Namen seines redlichen «menschlichen Entdeckers» trägt.

Zurück zu 3I/ATLAS: Selbstverständlich hat dieses Objekt im Unterschied zu Kometen, die den Weg aus dem Kuipergürtel oder der Oortschen Wolke zu uns finden, eine ganz andere Bahn. Interstellare Objekte haben nun mal die Eigenschaft, dass sie unsere Sonne einmal passieren, also aus dem interstellaren Raum auftauchen und wieder in diesen entschwinden. Auch Kometen aus der Oortschen Wolke können einmalige Gäste sein, während langperiodische Kometen unser Zentralgestirn auf weiten Ellipsenbahnen alle paar hundert Jahre wieder passieren.
Da wir aktuell noch recht wenig über die Herkunft interstellarer Objekte wissen und auch deren Zusammensetzung nicht restlos kennen, sind sie für die Wissenschaft von besonderem Interesse und geben Anlass zu Spekulationen. Alles, was neu und «unbekannt» ist – dies liegt wohl in unseren Genen – regt unsere Fantasie an. Wir von ORION betrachten 3I/Atlas nüchtern und unaufgeregt.


Aufnahme des Kometen 3I/ATLAS vom 27. August 2025 (Gemini South Observatory)

Kurze Geschichte von 3I/Atlas
Entdeckt wurde der kosmische Brocken am 1. Juli 2025 eben durch das Frühwarnsystem ATLAS. Er erreichte damals nur knapp 18. Grössenklasse, und schon wenige Tage nach seiner Sichtung war klar, dass sich dieses Objekt auf einer hyperbolischen Bahn zwischen Erd- und Marsbahn an uns verbeibewegen wird. Anfänglich gingen die Astronomen noch von einem Asteroiden aus, was auch seine erste Namensbezeichnung C/2025 N1 (ATLAS) verrät, doch schon in den darauffolgenden Wochen entwickelte sich um den festen Körper, über dessen Grösse man noch heute rätselt – das Hubble-Weltraumteleskop geht von 0.6 bis 5.6 km aus – eine Koma aus, womit es sich heute eindeutig um einen Kometen handelt. Mittlerweile zeigt er auf Fotos auch einen deutlich sichtbaren Schweifansatz. Da sich 3I/ATLAS Ende September / Anfang Oktober für längere Zeit ungünstig «hinter» der Sonne aufhält, wird er uns erst im November wieder am Morgenhimmel erfreuen. Am 29. Oktober passiert er mit 203 Millionen km Abstand die Sonne und kommt der Erde erst am 19. Dezember am nächsten, allerdings mit einem «Sicherheitsabstand» von 269 Millionen km.

Auch wenn es jüngst erstmals gelang, 3I/ATLAS in einem Amateur-Teleskop zu fotografieren, wird man das interstellare Objekt zu keinem Zeitpunkt von blossem Auge sehen. Seine Entfernung zur Erde ist viel zu gross, selbst wenn seine Oberfläche in Sonnennähe erwärmt wird und es zu Helligkeitsausbrüchen kommen kann, wie unlängst geschehen. Ob der Brocken den Vorbeiflug an der Sonne heil übersteht, ist ungewiss. Wenn er schliesslich im November wieder sichtbar werden sollte, rechnen die Astronomen mit einer visuellen Helligkeit von etwa 12 Magnituden. Dies ist weit jenseits dessen, was wir freiäugig wahrnehmen können und selbst in einem Teleskop eher unspektakulär.
Bislang zeigte uns 3I/ATLAS schon die eine oder andere Besonderheit. Das Objekt ist schnell unterwegs und fällt durch die hohe Kohlendioxid-Konzentration auf. Bei «normalen» Kometen dominiert Wasserdampf. Die grünliche Färbung stammt von Molekülen wie Dicarbon, die im Sonnenlicht fluoreszieren.

Komet C/2025 R2 (SWAN) könnte überraschen
Bereits am 12. September zog ein weiterer Komet namens C/2025 R2 (SWAN) in 75 Millionen km Abstand an der Sonne vorbei und wird am 19. Oktober 2025 der Erde auf 39 Millionen km nahekommen.
Nur wenige Tage nach der totalen Mondfinsternis wurde ein neuer Komet mithilfe von Bildern des Solar Wind Anisotropies (SWAN)-Instruments an Bord der Raumsonde SOHO entdeckt. Die Entdeckung gelang dem ukrainischen Amateurastronomen Vladimir Bezugly, der den Kometen im SWAN-Sichtfeld beobachtete. Aktuell zeigt er sich bereits mit einer Helligkeit zwischen +7.0mag und +6.5mag und einem spektakulären Schweif von gut 5° Länge. Derzeit hat man die beste Sicht von der Südhalbkugel aus, aber auch Beobachter auf der Nordhalbkugel können ihn im Oktober sehen.
Nach ersten Berechnungen handelt es sich bei C/2025 R2 SWAN um einen nichtperiodischen Kometen mit einer Umlaufzeit von 20‘000 Jahren. Aktuell zeigt er sich bereits zwischen 7. und 6. Grösseund einem spektakulären Schweif von gut 5° Länge. Derzeit hat man die beste Sicht von der Südhalbkugel aus, aber auch Beobachter auf der Nordhalbkugel können ihn im Oktober sehen.
Mit etwas Glück könnte er zum Zeitpunkt seiner grössten Erdannäherung eine visuelle Helligkeit von +4.0mag erreichen. Zumindest wird er ein schönes Feldstecherobjekt werden; aber bei Kometen sind Überraschungen immer möglich.

Sichtbarkeit auf der Nordhemisphäre


Mit etwas Glück können wir ab dem 9. Oktober den Kometen C/2025 R2 SWAN am Abendhimmel entdecken. Zumindest fotografisch oder durch ein Fernglas oder Teleskop wird er hübsch anzusehen sein. (Grafik: Thomas Baer)

Auf der Nordhemisphäre erscheint er erst nach seinem Perihel. Der Komet hat bereits einen markanten leicht grünlichen Ionenschweif ausgebildet. Es ist denkbar, dass C/2025 R2 SWAN auf seiner Annäherung an die Erde noch heller wird. Immerhin wird er in 0.261 AE Abstand an uns vorbeiziehen.
Am 15. September passierte er Spica in der Jungfrau, am 20. den Planeten Mars. Dies wird allerdings nicht zu beobachten sein, da aktuell die Sonne durch die Jungfrau zieht. Am 28. September tritt er in die Waage ein und überquert dabei die Ekliptik nordwärts. Die beste Beobachtungsphase auf der Nordhemisphäre wird im Oktober sein, wenn C/2025 R2 SWAN langsam tief am südwestlichen Horizont auftaucht. Am 2. Oktober passiert er den Stern Zubenelgenubi und steigt in den darauffolgenden Tagen immer höher in den Schlangenträger auf. Am 14. Oktober begegnet er dem +2.5mag hellen Stern Sabik und passiert vier Tage später M16 und M17.
Bleibt der Komet intakt, könnte er ein spektakuläres Ziel für Himmelsbeobachter und Astrofotografen werden. Einige optimistische Vorhersagen gehen davon aus, dass er bis zur vierten Magnitude heller werden könnte, was ihn bei dunklem Himmel mit bloßem Auge sichtbar machen würde. Ausserdem könnte die Erde vom 4. bis 6. Oktober den Trümmerstrom des Kometen durchqueren. Sollte dies passieren, könnten wir einen brandneuen Meteorschauer erleben!
Am 3. November überquert der Komet den Himmelsäquator nordwärts und beginnt seine lange Reise zurück ins äussere Sonnensystem. Er wird allmählich aus dem Blickfeld verschwinden und bis zu seiner nächsten Rückkehr.

Was bedeutet der Name «C/2025 R2 SWAN»?

Der Name des Kometen enthält Angaben zu seinem Typ, seinem Entdeckungsdatum und seinem Entdecker:

• Der Buchstabe «C» kennzeichnet einen nichtperiodischen Kometen. Solche Kometen durchqueren das Sonnensystem entweder nur einmal oder benötigen mehr als 200 Jahre für eine Umlaufbahn um die Sonne.

• Die Bezeichnung «2025 R2» weist darauf hin, dass der Komet in der ersten Septemberhälfte 2025 entdeckt wurde und der zweite Komet war, der in diesem Zeitraum entdeckt wurde.

• «SWAN» bedeutet, dass die Entdeckung mit dem astronomischen Instrument Solar Wind Anisotropies (SWAN) gemacht wurde.

Nicht der einzige Komet im Oktober

Komet C/2025 R2 (SWAN) ist nicht der einzige Besucher, der im Oktober 2025 unseren Himmel ziert. Anfang des Monats könnte Komet C/2025 K1 (ATLAS) durch ein Fernglas sichtbar werden, während C/2025 A6 (Lemmon) später heller werden könnte. Mit drei hellen Kometen verspricht der Oktober ein spannender Monat für Himmelsbeobachter zu werden.

Komet C/2025 A6 (Lemmon) taucht südlich der Grossen Bärin auf und wandert am 16. Oktober dicht an Cor Caroli in den Jagdhunden vorüber. Wie gut man den Kometen um seine grösste Erdannäherung herum Ende Oktober, Anfang November sehen kann, wird sich weisen.

Astronomische Ereignisse im Oktober 2025

Die schönsten Monatsereignisse im Überblick

SonneWir haben es in den vergangenen Wochen deutlich gespürt; die Sonne geht morgens immer später auf und abends früher unter. Spätestens mit der Zeitumstellung am 26. Oktober merken wir das frühe Eindunkeln. Das Tagesgestirn durchwandert das Sternbild Jungfrau und tritt am 31. Oktober in die Waage über. Mittags verliert die Sonne über den gesamten Monat nochmals knapp 10° an Höhe und kulminiert am Monatsletzten noch 28¼° hoch im Süden.
MondZu Monatsbeginn können wir den zunehmenden Dreiviertelmond abends tief im Süden und Südosten sehen. Wer ein Teleskop besitzt, kann am 2. zwischen 17:00 und 19:00 Uhr den «Goldenen Henkel» am Mond sehen, ein besonderes Beleuchtungsphänomen, bei dem die Gipfel des Jura-Gebirges bereits im aufgehenden Sonnenlicht erstrahlen, während die Ebene von Sinus Iridum noch im Schatten liegt. Vollmond verzeichnen wir am 7., das Letzte Viertel (abnehmender Halbmond) am 13. Ab jetzt ist der Mond bis zum 21. Oktober (Neumond) als abnehmende Sichel in den Morgenstunden vor Sonnenaufgang zu sehen. In der letzten Oktober-Woche taucht der Erdtrabant nochmals am Abendhimmel auf, wo er am 29. das Erste Viertel (zunehmender Halbmond) erreicht.
MerkurMerkur steht zwar am 29. Oktober in grösster östlicher Elongation (23.9° von der Sonne entfernt). Doch trotz des relativ grossen Winkelabstands reicht es nicht zu einer Abendsichtbarkeit, da Merkur kaum an Höhe gewinnt.
VenusDie –3.93mag helle Venus verkürzt ihre Morgensichtbarkeit weiter und befindet sich zu Monatsbeginn noch 24° westlich der Sonne. Wer Morgen für Morgen zur selben Zeit nach dem «Morgenstern» Ausschau hält, kann verfolgen, wie dieser immer weiter absinkt. Sehenswert ist der Anblick am 19. Oktober gegen 06:45 Uhr MESZ. Die schmale abnehmende Mondsichel steht unterhalb von Zavijava in der Jungfrau, Venus knapp östlich von Zaniah. Einen Tag später um 07:15 Uhr MESZ kann die Sichel nur 30.6 Stunden vor Neumond unterhalb 5° hoch in der bereits fortgeschrittenen Morgendämmerung erspäht werden. Sie erscheint nur noch 1.6 % beleuchtet und misst an ihrer dicksten Stelle noch 0.43′. 
MarsMars zieht sich nun vom Abendhimmel gänzlich zurück. Er ist auch teleskopisch kaum mehr erkennbar.
JupiterIm Oktober verfrüht Jupiter seine Aufgänge gegen 23:00 Uhr MESZ, Anfang Monat erscheint er noch nach Mitternacht. Er wandert rechtläufig durch die Zwillinge und entfernt sich immer weiter von Wasat (Delta Geminorum). Er legt kräftig an Helligkeit zu und strahlt am 31. mit –2.33mag. Eine sehenswerte Konstellation ergibt sich am 14. Oktober gegen 00:45 Uhr MESZ. Der Mond steht im Letzten Viertel, wenn er knapp nördlich am Stern Kappa Geminorum vorbeizieht und mit Jupiter und Pollux eine Linie bildet. Zum Monatsende hin verlangsamt der Riesenplanet seine Bewegung und nähert sich seinem Stillstand am 11. November, was den Beginn seiner Oppositionsperiode bedeutet. 
SaturnSaturn ist nach seiner Opposition im Vormonat auch im zweiten Herbstmonat ein treuer Gast am Abend- und Nachthimmel. Da sich seine Aufgänge allmählich in die späten Nachmittagsstunden verschieben, können wir den Ringplaneten, sobald es dunkel genug ist, am südöstlichen Himmel in den Fischen erspähen. Für den Rest der Nacht wandert er bis zum Morgengrauen nach Westen.
UranusUranus geht schon in den Abendstunden auf und kann teleskopisch beobachtet werden. Wir finden ihn südlich der Plejaden.
NeptunEtwas nordöstlich von Saturn stossen wir teleskopisch auf den +7.81mag lichtschwachen Neptun.
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