• Einfach erklärt

Mars und der volle Mond

Der Rote Planet Mars nähert sich seiner Opposition. Die Erde überholt unseren äusseren Nachbarplaneten am 8. Dezember 2022 im Abstand von 81.5 Millionen km. Damit wird er im Sternbild Stier in den kommenden drei Monaten ein auffällig helles Objekt. Doch was hat Mars mit dem vollen Mond zu tun? Sie erfahren es in diesem Beitrag.

Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION

Mars benötigt etwa 1.9 Jahre für eine Sonnenumrundung. Nach 32 Jahren hat der Rote Planet 17, die Erde 32 Sonnenumrundungen vollzogen und ihn dabei 15 Mal überholt. Wir sprechen dann von einer Opposition, also jener Situation, bei der Sonne – Erde – Mars auf einer Linie stehen. Von einer zur nächsten Opposition dauert es zwischen 25 und 26.5 Monaten, je nachdem, in welchem Bahnabschnitt sich die beiden Planeten befinden. Sowohl die Erde als auch Mars bewegen sich auf elliptischen Bahnen um die Sonne. Daher ist ihre Geschwindigkeit nicht immer gleich.

Erdnahe und erdferne Marsoppositionen

Bei Mars ist die Ellipsenform seiner Bahn deutlich ausgeprägter. Er kann der Sonne bis auf 1.381 Astronomische Einheiten [AE] (umgerechnet 206.59 Mio. km) nahekommen, dann entfernt er sich in Sonnenferne wieder auf 249.23 Mio. km vom Tagesgestirn. Nehmen wir die Erdbahn hinzu, so kann sich uns Mars im besten Fall auf 0.375 AE oder 55.8 Mio. km nähern. Dies war letztmals am 28. August 2003 der Fall, eine fast perfekte Marsopposition! Der Planet erschien uns damals am Fernrohr 25.12″ gross und –2.88mag hell! Die letzte vergleichbare Marsopposition fand am 27. Juli 2018 mit einer Oppositionsdistanz von 0.386 AE oder 57.74 Mio. km statt. Damals strahlte der Planet –2.78mag hell. Zum Vergleich: Der hellste Stern, Sirius, ist –1.6mag hell, Jupiter strahlt Mitte November 2022 –2.71mag hell und Venus kann als «Morgen-» oder «Abendstern» bis –4.8mag hell werden. Die lichtschwächsten Sterne, die das menschliche Auge noch wahrnehmen kann, liegen bei etwa +4.5mag.

Die bevorstehende Marsopposition vom 8. Dezember 2022 wird bezüglich Helligkeit etwas bescheidener ausfallen als ihre «Vorgängerin» im Jahr 2020. Wir kommen dem Roten Planeten diesmal «nur» noch auf 81.5 Mio. km nahe, aber seine Leuchtkraft erreicht immerhin noch einmal –1.87mag! Doch in den folgenden Jahren 2025, 2027 und 2029 überholen wir unseren äusseren Nachbarplaneten dann in erheblich grösseren Distanzen von bis zu 101.4 Mio. km am 19. Februar 2027. Auf die nächste gute Marsopposition müssen wir uns noch ein bisschen gedulden. Sie wird erst am 15. September 2035 stattfinden!

Die kommenden Marsoppositionen bis 2050. In der Darstellung erkennen wir gut, wie unsere Erde in den Jahren 2025, 2027 und 2029 in viel grösserem Abstand den Roten Planeten überholt als noch 2020 oder auch im kommenden Dezember. Dies wirkt sich auch auf die scheinbare Grösse von Mars aus, also wie gross er uns am Fernrohr erscheint. (© Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Wo kann ich Mars in diesem Winter sehen?

In diesem Jahr hat Mars eine weite Strecke am Himmel vor den Sternbildern zurückgelegt (siehe Abbildung unten). Zu Beginn des Jahres stand er noch im Sternbild Skorpion, durchquerte im Februar den Schützen und zog in den Steinbock weiter, wo er auf Saturn stiess. Im Frühling begegnete er auf seiner Wanderschaft dem lichtschwachen Neptun und wenig später Jupiter. Er überquerte den Himmelsäquator nordwärts und zog am 1. August an Uranus vorüber. Mittlerweile kann man den schon auffällig hell leuchtenden Mars im Sternbild Stier zwischen den beiden Stierhörnern finden. Am 30. Oktober 2022 kam der Planet zum Stillstand und kehrte seine Bewegungsrichtung um; wir sprechen von der sogenannten Oppositionsschleife.

Die Jahresbahn 2022 von Mars. (© Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Warum wandert der Planet auf einmal wieder zurück?

Im vergrösserten Ausschnitt unten sehen wir, wie Mars am 30. Oktober 2022 seine Bewegungsrichtung änderte. Lief er davor von Westen nach Osten vor den Sternen – wir sprechen dann von der rechtläufigen Bewegung – wandert er nun rückläufig, als von Osten nach Westen. Doch wie kommt diese eigenartige Bewegung am Himmel überhaupt zustande? Am besten lässt sich dies bildlich an zwei mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in dieselbe Richtung fahrenden Zügen beschreiben. Sitzen wir im langsameren Zug und blicken aus dem Fenster auf unseren schnelleren «Nachbarzug», so sehen wir, wie dieser uns etwas vorausfährt. Beschleunigt aber unser Zug auf einmal auf dieselbe Fahrgeschwindigkeit, so scheint der «Nachbarzug» auf einmal stillzustehen. Sobald unser Zug schneller fährt, haben wir den Eindruck, der «Nachbarzug» würde plötzlich «rückwärts fahren»; er bleibt langsam hinter uns zurück. Genau denselben Effekt können wir erleben, wenn die schnellere Erde den langsamer wandernden Mars zu überholen beginnt. Solange sie den Mars «einholt» läuft dieser eben rechtläufig am Himmel. Irgendwann ist der Moment erreicht, wo das Überholmanöver beginnt. Dies war am 30. Oktober 2022 der Fall. Mars scheint für einen Augenblick am Himmel stillzustehen! Nun eilt die Erde dem Roten Planeten voraus und lässt diesen gewissermassen stehen. Am Himmel zeigt sich dies dadurch, dass Mars jetzt rückläufig zurückwandert.

Die Oppositionsschleife von Mars begann am 30. Oktober 2022. (© Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Was passiert am 8. Dezember 2022?

Am 8. Dezember 2022 bilden Sonne, Erde und Mars eine Linie. In der Astronomie sprechen wir dann von der Oppositionsstellung. Mars steht also von der Sonne aus betrachtet «hinter» der Erde. Um 06:42 Uhr MEZ ist diese Stellung dann erreicht. Der Rote Planet steht uns jetzt am nächsten (0.550 AE oder eben 81.5 Mio. km) und leuchtet mit knapp –1.9mag am hellsten, weil uns das Planetenscheibchen mit 17.04″ maximal gross erscheint und entsprechend mehr Sonnenlicht reflektieren kann.

Doch an diesem frühen Morgen passiert gleich noch etwas: Wir haben um 05:08 Uhr MEZ Vollmond. Nur eine Stunde später bedeckt der Erdtrabant Mars! In Zürich wird dies um 06:07.7 Uhr MEZ der Fall sein. Bis um 07:03.7 Uhr MEZ ist vom Roten Planeten nichts zu sehen; seine genaue Oppositionsstellung findet sozusagen «hinter» dem Mond statt!

Diese Marsbedeckung lässt sich, sofern das Wetter mitspielt, sehr gut von Auge, aber noch schöner mit einem Fernglas oder Teleskop über dem westnordwestlichen Horizont beobachten.

Und so verläuft die Marsbedeckung

Bedeckungen von Planeten durch unseren Mond sind eher seltene Ereignisse, auch wenn wir dieses Jahr mit Uranus gleich dreimal verwöhnt werden. Während man Uranus bloss teleskopisch sehen kann, ist dies bei Mars anders. Am 8. Dezember 2022 steht der Rote Planet in Opposition zur Sonne. Bereits am 1. kommt er mit 0.544 AE oder 81.5 Millionen km der Erde am nächsten. Sein scheinbarer Durchmesser erreicht 17′ 04″ und mit einer Helligkeit von –1.86mag ist Mars nach Venus und Jupiter der hellste Planet, den wir am Nachthimmel sehen können. 
Dies ist auch ein Vorteil bei der Beobachtung der Marsbedeckung am Morgen des 8. Dezembers 2022, denn Vollmond ist weiss Gott nicht die beste Mondphase für die Beobachtung eines solchen Ereignisses. Schon am Abend des 7., wenn der volle Mond um 17:00 Uhr MEZ am Ostnordosthimmel steht, sehen wir ihn noch 6° westlich des Planeten. Im Laufe der Nacht verringert sich der Abstand mehr und mehr. Um Mitternacht trennen die beiden Gestirne nur noch 2¾° voneinander. Um 04:00 Uhr MEZ sind es noch zwei Mondbreiten, eine Stunde später bloss noch eine Mondbreite. Spätestens ab 06:00 Uhr MEZ lohnt es sich, einen Feldstecher bereitzuhalten, denn je enger Mars an den Mondrand heranrückt, desto störender macht sich der helle Mondschein bemerkbar. Um 06:06:45 Uhr MEZ beginnt der Rand des Mondes Mars zu bedecken. Der ganze Bedeckungsvorgang dauert 34 Sekunden. Dann dauert es eine knappe Stunde, ehe der Planet am gegenüberliegenden Mondrand ab 07:02:48 Uhr MEZ wieder erscheint. Nach 31 Sekunden «klebt» Mars quasi am Mondrand und ist jetzt durch ein Fernglas oder Teleskop wieder vollständig zu sehen.

Die Bedeckung des Planeten Mars am frühen Morgen des 8. Dezembers 2022 lässt sich bereits von blossem Auge beobachten. Schöner kann man sie jedoch durch ein Fernglas oder ein Teleskop sehen. (Animierte Grafik: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Kurioses – Der total verfinsterte Vollmond und Mars

Es ist nicht das erste Mal, dass der Vollmond am Tag einer Marsopposition gleich noch ein besonderes Ereignis für uns bereit hat. Am 27. Juli 2018 etwa fand am Tag der damaligen «grossen» Marsopposition gleich auch die jahrhundertlängste totale Mondfinsternis statt! Doch nicht genug damit: Alle 47 Jahre findet um den Termin einer erdnahen Marsopposition eine zentrale totale Mondfinsternis statt, vormals am Abend des 6. August 1971, davor am 14. August 1924 und nochmals 47 Jahre zurück in den frühen Morgenstunden des 24. August 1877. Dieses Spiel lässt sich so weiter zurückverfolgen, aber auch in der Zukunft findet dieses Zusammentreffen statt. So gibt es am 17. Juli 2065 abermals zeitnah zur Marsopposition eine tiefe totale Mondfinsternis, allerdings knapp bevor bei uns der Mond aufgeht. Nochmals 47 Jahre später wiederholt sich das Ereignis am 9. Juli 2112. 

Unvergessen! Am Abend des 27. Juli 2018 stand der total verfinsterte Mond um 22:22 Uhr MESZ (Finsternismitte) nur knapp 6° nördlich von Mars, der am selben Tag in Opposition zur Sonne stand. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)

Am 8. Dezember 2022 zwar Vollmond, aber ohne Finsternis

Am 8. Dezember ist zwar zufälligerweise wieder Vollmond, allerdings steht unser Trabant schon etwas zu weit nördlich der Ekliptik, weshalb er dieses Mal den Erdschatten um rund 2° verfehlt und es nicht zu einer Mondfinsternis kommt. Dafür aber liegt Mars genau in der Mondbahn! Und so passiert es, dass die Vollmondscheibe den Planeten für eine knappe Stunde «überfährt». Solange braucht der Mond nämlich, bis er seinen eigenen scheinbaren Durchmesser am Himmel zurückgelegt hat.
Übrigens: Am 14. Januar 2025, am Tag der Marsopposition, ist abermals Vollmond, und gegen 05:38 Uhr MEZ können wir die Mondscheibe nur 11′ 57″ südlich des Roten Planeten entdecken! Und als hätte es Mars nicht schon genug auf den vollen Mond abgesehen, erleben wir in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 2027 nur 6¼° südlich von Mars eine Halbschatten-Mondfinsternis!