Am Abend des 30. Novembers 2024 kam es zweimal zu einer seltsamen Leuchterscheinung über weiten Teilen Europas, die auch von diversen Webcams aufgezeichnet wurde. Es wird gerätselt, was es gewesen sein könnte, denn ein Nachleuchten eines Feuerballs sieht anders aus. Die Erscheinung muss auch sehr hoch stattgefunden haben, denn sie war von Norddeutschland bis in den Alpenraum zu sehen.
Auf einer Webcam aus Saalbach (Österreich) ist die Leuchterscheinung um 18:50 Uhr MEZ und gegen 20:40 Uhr MEZ zweimal zu sehen.
Ein Kondensstreifen eines Flugzeugs konnte es nicht sein, da dieser ja nicht vom aktuellen Neumond beschienen werden kann. Auch heute (1. Dezember) war auf der Säntis-Webcam um 17:20 Uhr MEZ dieses Phänomen wieder zu entdecken, diesmal in Richtung Süden. Wegen der trockenen Luft zeichnete kein Flugzeug einen Kondensstreifen an den Himmel. Nirgends liest man etwas über diese Erscheinungen, die immerhin von etlichen Augenzeugen gesichtet und auch fotografiert wurden.
Am 1. Dezember 2024 um 17:20 Uhr MEZ war eine vergleichbare Leuchterscheinung auf der Säntis-Webcam auszumachen.
Die ISS flog am 1. Dezember erst um 18:37 Uhr MEZ über den südlichen Himmel. Vor Jahren konnten wir einst beobachten, wie die ISS Wasser abliess und eine solche Wolke hinterherzog. Zeitlich stimmt die beobachtete Leuchterscheinung am 1. Dezember nicht mit der Überflugzeit überein.
Und auch gestern (30. November) korrelierten die Zeiten der Leuchterscheinungen nicht mit den ISS-Überflügen, womit die ISS als mögliche Ursache ausgeschlossen werden kann. Überdies haben Augenzeugen berichtet, dass die Erscheinung nur etwa während 5 bis 10 min gesehen werden konnte. Auf den Webcambildern von Saalbach (Österreich) ist 18:40 Uhr MEZ nichts zu sehen, um 18:50 Uhr MEZ sieht man die Leuchtspur ganz deutlich, um 19:00 Uhr MEZ ist sie wieder verschwunden.
Jochen Richert (in Bos-cha) hat das Ereignis ebenfalls aufgezeichnet. Das Video der AllSky-Kamera unten ist auf die entscheidende Stelle gekürzt. Am ehesten handelt es sich wohl um einen Satelliten, ein Stratosphärenflugzeug oder eine Rakete, die etwas «gezündet» oder Treibstoff abgelassen hatte.
NASA und ESA: Keine offiziellen Erklärungen
Was viele Beobachterinnen und Beobachter des Phänomens stutzig macht: Von offizieller Seite, geschweige denn in den Medien, gab es je ein offizielles Statement, weder von der NASA, noch von der ESA. Kein Wunder, kursierten auf unabhängigen Medien zahlreiche Mutmassungen. Warum aber niemand von offizieller Seite her die seltsamen Leuchterscheinungen einordnete und erklärte, bleibt bis heute ein Rätsel. Normalerweise springen die Medien auf solche Sichtungen sofort an; wir erinnern uns etwa an das Verglühen des Starlink-Satelliten über der Schweiz! Diesmal aber fand man keine einzige Zeile über die weltweit beobachteten Leuchtspuren, obwohl diese von unzähligen Webcams, AllSky-Kameras aufgezeichnet und von vielen Menschen mit freiem Auge beobachtet wurden. So darf man nicht über wilde und «fantasievolle» Spekulationen erstaunt sein.
Wohl die Oberstufe der chinesischen Rakete «Langer Marsch 12»
Inzwischen gibt es eine mögliche Vermutung, woher die Leuchtspuren stammen könnten. Am 30. November 2024 startete um 14:25 UTC die orbitale Trägerrakete Langer Marsch 12 von Hainan aus und überflog dabei auch Europa.
Dies markiert einen Fortschritt bei seinen Plänen für einen bemannten Mond und die Eröffnung eines neuen Weltraumbahnhofs, der den Zugang des Landes zum Weltraum verbessern wird. Die zweistufige, 62 Meter hohe Langer Marsch 12 startete vom kommerziellen Weltraumstartplatz Wenchang aus. Die Rakete stieg in den Nachthimmel über dem Weltraumbahnhof an der Küste auf, und Amateur-Livestreams aus der Gegend fingen das Ereignis ein.
Die Shanghai Academy of Spaceflight Technology (SAST), der Hersteller der Rakete, erklärte den Start innerhalb einer Stunde nach dem Abheben für erfolgreich. SAST gab bekannt, dass die bisher nicht bekannt gegebenen Nutzlasten des Fluges der experimentelle «Satellite Internet Technology Test Satellite» und «Technology Test Satellite-3» seien. Einzelheiten zum Raumfahrzeug wurden nicht bekannt gegeben.
Die mit Kerosin betriebene Langer Marsch 12 ist Chinas erste Trägerrakete mit einem Durchmesser von 3.8 Metern. Laut SAST kann sie eine Nutzlast von 12‘000 Kilogramm in eine niedrige Erdumlaufbahn (LEO) und 6‘000 Kilogramm in eine sonnensynchrone Umlaufbahn (SSO) befördern. Die neue Rakete könnte beim Bau der von China geplanten LEO-Megakonstellationen eine Rolle spielen.
Eispartikel im Orbit?
Eine Meldung auf X lässt nun aufhorchen: «Interessanter war die Beobachtung der CZ-12 Y1 Oberstufe (62187) während des aktuellen Starts. Es fliegt derzeit jede Menge Zeug um die Oberstufe herum, möglicherweise Eis? Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die Teile in den nächsten Stunden verhalten. Bild aufgenommen am 01.12.2024 um 06:41:35 UTC».
Hat CZ-12 Eis im Orbit zurückgelassen, der im Sonnenlicht leuchtet?
Die Flugbahn von CZ-12 stimmt auch recht gut mit den verschiedenen Beobachtungen zusammen, wie die untenstehende Karte zeigt. Dabei wäre sie je nach Standort in Mitteleuropa in westlicher oder nordwestlicher Blickrichtung oder in Richtung Süden erschienen.
Die Flugbahnen von CZ-12 über Europa passen recht genau mit den Sichtungen der Leuchterscheinungen überein.