Einen derart starken Sonnensturm, wie wir ihn in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2024 erleben durften, gab es letztmals 2003. Während der gesamten Nacht bot sich dieses Schauspiel über dem Nordhorizont. An sehr dunklen Orten – wie hier im Bregenzerwald – konnte man die Streifen und auch Färbungen sehr deutlich von blossem Augen sehen, auch Bewegungen! In der Nacht auf Sonntag flaute der über Amerika andauernde G5-Sturm doch schneller ab. Vereinzelt konnte man tief im Norden noch Polarlichter sehen.
Beitrag: Thomas Baer, Redaktion ORION
Wir hatten nicht zu viel versprochen: Der geomagnetische Sturm der Klasse G4/G5 hat uns diesmal nicht enttäuscht. Während über einer Stunde konnte am 10. Mai 2024 zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr MESZ eine spektakuläre Polarlicht-Show bis nach Süddeutschland, die Schweiz und Österreich beobachtet werden! Nach einem vorübergehenden Abflauen nahm die Aktivität zwischen Mitternacht und 01:00 Uhr MESZ noch einmal gewaltig zu! Sogar grüne Polarlichter waren zu sehen und Beamer, wie die Fallstreifen genannt werden. Sie zeigen uns die Magnetfeldlinien der Erde, welche das eintreffende Plasma konzentrieren. Die geladenen Sonnenteilchen interagieren mit den verschiedenen Molekülen der Erdatmosphäre, wobei die verschiedenen Emissionen entstehen. Die Farben sind von der Höhe abhängig. Beeindruckend war, wie schnell sich einzelne Strukturen entwickelten. Vor allem die grünen Hole–Punch-Wolken, welche mit viel höherer Energie und Geschwindigkeit die Atmosphäre durchschlagen und damit in tiefere Atmosphärenschichten gelangen, konnte man in Echtzeit entstehen und vergehen sehen.
Dann gab es auch dünne Streifen, die sich fast aus Zenitnähe wie Girlanden zum Horizont näherten und sich deutlich sichtbar bewegten. Man kam kaum nach, wo hinschauen. Die NOAA hatte den Sonnensturm inzwischen auf G5 hochgestuft. Damit erlebten wir das stärkste vergleichbare Ereignis seit dem Sonnensturm im Oktober 2003, der in Schweden zu Stromausfällen führte und in Südafrika Transformatoren beschädigte.
Am Samstagabend gab es nur einen kurzen Nachschlag
Wer die erste Polarlichtnacht verpasst haben sollte, durfte sich in der Nacht auf Sonntag, 12. Mai 2024 auf einen Nachschlag freuen. Zwischen Mitternacht und 01:30 Uhr MESZ, so die Prognose der NOAA, sollte eine weitere Plasmawelle ankommen. Denkbar war nochmals G4! Lange sah es auch danach aus, doch im Laufe des Abends flaute der lange andauernde G5-Sturm über Amerika rasch ab, sodass nur noch vereinzelt Polarlichter von unseren südlichen Breitengraden aus zu sehen waren. Das nachfolgende Bild entstand in Sulzberg mit Blick nach Norden.
Schwaches Polarlicht am Abend des 11. Mai 2024, aufgenommen in Sulzberg (Bregenzerwald) in Richtung Norden. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
Die gestrige Plasmafront ist abgezogen (schwarz und grau). Wir sehen aber, dass heute Nacht 23:00 UTC (01:00 Uhr MESZ) eine nächste Wellenfront eintrifft und nochmals rund 1 – 2 Stunden später eine letzte. (Quelle: Spaceweather)
Es ist mächtig was los! Der Kp-Index ist der globale geomagnetische Aktivitätsindex, der auf 3-Stunden-Messungen von bodengestützten Magnetometern auf der ganzen Welt basiert. Jede Station ist gemäss ihrem Breitengrad kalibriert und meldet einen bestimmten K-Index in Abhängigkeit von der am Standort des Magnetometers gemessenen geomagnetischen Aktivität. Der K-Index selbst ist ein dreistündiger quasi-logarithmischer lokaler Index der geomagnetischen Aktivität an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit im Vergleich zu einer ruhigen Tageskurve. Ein Magnetometer misst die maximale Abweichung der horizontalen Komponente des Magnetfelds an seinem Standort und meldet dies. Der globale Kp-Index wird dann mit einem Algorithmus bestimmt, der die gemeldeten K-Werte jeder Station zusammenfügt. Der Kp-Index reicht von 0 bis 9, wobei ein Wert von 0 bedeutet, dass es sehr wenig geomagnetische Aktivität gibt und ein Wert von 9 extreme geomagnetische Stürme bedeutet.
Die riesige Sonnenfleckengruppe, der wir dieses einzigartige Schauspiel zu verdanken haben, feuert noch immer Materie in unsere Richtung.
Der gigantische Sonnenfleck AR 3664/AR 3668 (unten), hier in einer Aufnahme am frühen Abend des 11. Mai 2024. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
Doch lassen wir jetzt die Polarlicht-Bilder vom 10. Mai 2024 für sich sprechen…
Polarlicht über dem Bregenzerwald. Am Horizont konnte man gar grünliche Polarlichter sehen! (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
Grünes Polarlicht! (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
Wunderbare Streifen über Schwarzenberg um 01:00 Uhr MESZ. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
Am frühen Abend gegen 22:00 Uhr MESZ war auch die zunehmende Mondsichel mit dem Stern Al Nath über dem Geisskopf zu sehen. Die wirklich schönen Polarlichtstrukturen bildeten sich erst später. (Bild: Thomas Baer, Redaktion ORION)
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Update folgt…